Eine Zwischenbilanz des Projekts #LeichtOnline

Seit 2021 widmet sich das Projekt #LeichtOnline der Frage, wie Internetseiten und Apps für Menschen mit geistiger Behinderung und Lernbehinderung benutzerfreundlicher gestaltet werden können. Hierfür betrachten wir das Thema aus verschiedenen Blickwinkeln: Wir erforschen, welche Anliegen die Anbieter:innen digitaler Dienste haben und wie die Anforderungen an leicht zugängliche Angebote in Gesetzen verankert werden können. Vor allem wollen wir jedoch wissen, mit welchen Barrieren Menschen mit geistiger Behinderung bei der Nutzung von Internetseiten konfrontiert sind und wie diese behoben werden können. Um diese zentrale Frage zu klären, arbeiten wir eng mit unserer Zielgruppe zusammen, indem wir unter anderem Befragungen und Nutzertests durchführen.

Was ist ein Nutzertest?

Nutzertests sind ein gängiges Instrument, um die Bedienbarkeit von Internetseiten und Apps zu testen. Dabei werden die Teilnehmenden gebeten, bestimmte Aufgaben auszuführen. Durch Beobachtung und Befragung kann man feststellen, ob und wo es Probleme auf den Seiten gibt. Auf diese Weise können Entwickler:innen herausfinden, welche Teile einer Seite oder App verbessert werden müssen, damit sie für die Nutzer:innen einfacher und intuitiver zu bedienen sind. Nutzertests helfen dabei, die Benutzerfreundlichkeit von Internetseiten zu optimieren und sicherzustellen, dass sie für Menschen ohne technisches Fachwissen leicht zu verwenden sind.

Nutzertests im Projekt #LeichtOnline

Obwohl Nutzertests seit Langem erfolgreich eingesetzt werden, gab es bisher keine etablierten Erfahrungen dazu, wie sie am besten mit Menschen mit geistiger Behinderung durchzuführen sind. Der erste Schritt im Projekt #LeichtOnline bestand daher darin, diese Methode an die Bedürfnisse der Zielgruppe anzupassen.

Alle Tests sind aufgaben- und leitfadenbasiert. Sie werden in Leichter Sprache durchgeführt – dies betrifft sowohl den Interviewleitfaden als auch sämtliche begleitende Dokumente wie Einwilligungserklärungen oder Nachweise über Aufwandsentschädigungen.

In einem kurzen Vorgespräch erkunden wir die üblichen Nutzungsgewohnheiten einer Person im Alltag. Diese Informationen dienen als Leitfaden für den Nutzertest, um den Test individuell an die Vorerfahrungen der Testperson anzupassen. Konkret bedeutet dies: Wenn eine Person normalerweise ausschließlich Spiele-Apps zur Unterhaltung nutzt, bitten wir sie im Nutzertest nicht darum, eine Online-Transaktion durchzuführen.

Menschen mit geistiger Behinderung müssen lernen, ihre spezifischen Probleme beim Nutzen einer Webseite oder App klar zu benennen und zu erklären. Aus diesem Grund legen wir unseren Fokus auf die Beobachtung und stellen gezielte Fragen, um herauszufinden, warum die betreffende Person bestimmte Handlungen ausgeführt hat.

Alle Beobachtungen und Notizen werden im Nachgang jedes Tests schriftlich zusammengeführt. Über die Vielzahl an Tests, die insgesamt durchgeführt werden, ergibt sich darüber im Laufe der Zeit ein klares Muster, das die größten Barrieren bei der Bedienung aufzeigt.

Was sind die Ergebnisse der Nutzertests?

Obwohl bei allen einzelnen Teilnehmenden individuelle Herausforderungen auftreten, haben sich bestimmte Barrieren deutlich herauskristallisiert. Hier sind einige Beispiele:

  1. Lese- und Schreibverständnis

Für viele Menschen mit geistiger Behinderung oder Lernschwierigkeiten ist das Lesen und Schreiben eine Herausforderung. Dies führt zu zahlreichen Barrieren bei der Nutzung von Websites und Apps. Websites ohne Vorlesefunktion können beispielsweise nicht verwendet werden. Die Suche auf einer Website liefert keine Ergebnisse, da der Suchbegriff nicht korrekt eingegeben wurde, oder es werden falsche Websites geöffnet, weil sich bei der Eingabe der URL ein Fehler eingeschlichen hat.

  1. Sorge vor Kosten

Ein bedeutendes Problem im Umgang mit dem Internet ist die weitverbreitete Sorge vor versteckten Kosten. Viele Betroffene berichten, dass sie bestimmte Internetseiten oder Apps überhaupt nicht öffnen, weil sie Angst haben, in eine Kostenfalle zu geraten. Smartphones werden nur im WLAN-Modus genutzt aus Furcht, das Datenvolumen könne aufgebraucht werden. Onlineshops und Onlinebanking nutzen Menschen mit geistiger Behinderung eher selten.

  1. Orientierung

In den Tests wurde auch deutlich, dass die meisten Internetseiten und Apps übermäßig komplex und sowohl inhaltlich als auch gestalterisch überladen sind. Dies führte dazu, dass die teilnehmenden Personen Schwierigkeiten hatten, sie effektiv zu nutzen. Die Menüführung vieler Seiten erwies sich als verwirrend, Pop-up-Fenster lenkten vom Hauptinhalt ab, und es war schwer, zwischen Werbeanzeigen und tatsächlichem Inhalt zu unterscheiden.

Wie geht es weiter?

Für die identifizierten Barrieren suchen wir jetzt nach Lösungsmöglichkeiten. Die durchgeführten Tests und Befragungen haben uns Hinweise auf Lösungsansätze geliefert, die wir in Form von Prototypen umsetzen. Jeder dieser Prototypen wird ebenfalls von der Zielgruppe getestet. Sollte sich eine Lösung als nicht effektiv erweisen, überarbeiten wir den Prototyp und führen erneut Tests durch. Auf diese Weise entwickeln wir schrittweise einen umfassenden Leitfaden, der zeigt, wie barrierefreie Internetseiten und Apps für die Zielgruppe von Menschen mit geistiger Behinderung und Lernbehinderung erstellt werden können.

Unsere Mission „Digitale Barrierefreiheit“ ist somit noch nicht abgeschlossen, viele wichtige Schritte in diese Richtung sind aber getan.